Suschna von TextileGeschichten läd heute zur Stoffspielerei: Seltene Techniken ein. Sie stellt die Tambourstickerei in diesem Rahmen vor. Sashiko, Gobelinstickerei-verschnitten, Smocken, Kleistertechnik, Brettchenweben, Chenille und ein Reise-Klöppelkissen sind bei den anderen entstanden. Eins toller als das andere!
Und Siebensachen-zum-Selbermachen hat zufällig auch ein Pojagi-Vorhang genäht! Allerdings wesentlich exakter und sauberer wie ich… in grau und weiß, schaut sehr edel aus. Aber edel würde zu mir nicht passen. Und mein Material war leider nicht so dankbar für diese Technik, aber fangen wir mal von vorne an:
Pojagi ist eine koreanische Patchworktechnik, bei der mehrere Stoffe einlagig zusammengenäht werden und beide Seiten vernäht sind. Der einigste Unterschied ist, dass auf einer Seite zwei Nähte und auf der anderen Seite nur eine Naht zu sehen sind. Traditionell werden Pojagi aus Ramie genäht. Nur ist es gar nicht so leicht, schönen grünen Ramie in Deutschland zubekommen. Daher habe ich nach einem halben Jahr Suche doch zu meinem grünen Leinenstoff gegriffen.
Auf die Idee mich mit Pojagi zu beschäftigen, kam ich durch meine Mutter, die vor mir Pinterest entdeckt hatte und dort zufällig auf Pojagi gestoßen ist. So sammle ich nun auch seit einem dreiviertel Jahr Pojagiwerke auf meiner Pojagipinnwand. Schnell stand fest, dass es der perfekte Vorhang für das neue Badezimmer sein wird. In den letzten Tagen wurden die Fliesen gelegt und die Wasser- und Heiztechnik wird bis Mitte der Woche wahrscheinlich auch fertig sein und dann können wir tatsächlich nach fünf Monaten Baustelle endlich in unserem eigenen Bad duschen und baden (und Klo und Waschbecken benutzen). Ich kann es kaum erwarten! Nun, da wir im Erdgeschoss wohnen und die wenigen Nachbarn uns tatsächlich in die Wohnung reinschauen können und an der Seite auch noch ein Wanderweg vorbeiführt, braucht es leider tatsächlich einen Sichtvorhang im Badezimmer… sprich, den zweiten Vorhang sollte ich bis Ende dieser Woche auch fertig haben.
Heute habe ich einen geschafft und hatte viele erste Male:
- das erste Mal Pojagi nähen
- das erste Mal an der alten Pfaff meiner verstorbenen Großmutter nähen
- das erste Mal mit einem Knapperfuss nähen
- das erste Mal auf meinem neuen Zuschneidetisch/kommode zuschneiden
- das erste Mal drei Garnrollen bei einem Projekt vernähen
Für die Technik habe ich mich an der Anleitung von Jutta vom Berninablog orientiert.
Leider hatte ich keinen breiteren Knapperfuss, so musste ich es mit diesem schmalen hier machen:
Das Nähen geht recht rasch, da man mit dieser Technik nie stecken oder bügeln muss. Erst eine Seite umnähen, dann diese noch einmal herum:
Knifflich wird es nur am Anfang, da entstehen schnell unschöne Wulste – meine kleine, spitze Fadenschere war recht hilfreich, um den Anfang unter den Fuß zuschieben.
Meine Stoffwahl fiel auf einen ungefärbten Leinenstoff, den ich auf der Nadeltreffmesse in Oberstdorf vor drei Wochen gekauft hatte, einen grünen Leinenstoff, den ich vor drei Jahren in Hamburg gekauft hatte und auf ein altes Rolltuch – ebenfalls Leinen, geerbt.
Schönes Rollenklischee – die Frauen und Mädchen waschen die Wäsche – nun, ich wasche auch immer unsere Wäsche, also stimmt das bei uns, nur zum Glück habe ich eine Waschmaschine. Die, wie der Zufall will, direkt unterm Fenster stehen wird, sprich, direkt unterm Vorhang.
„Willst du eigen sein, mangle glatt und fein.“
Zwei Elemente aus dem Bild und die erste Zeile habe ich nun auf dem linken Vorhang untergebracht.
Leider etwas zu knapp geworden. Und auf diesem Bild sieht man so deutlich, wie sonst nirgends meine Schwierigkeit mit den Ecken aus den dicken Stoffen. Leider nicht so ordentlich und sauber, aber da steh ich drüber. Das erste Mal Pojagi und dann noch aus dickem Leinen.
Was mir auch mehrmals einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, war der große Fadenverbrauch: zweimal ist der Unterfaden leer gewesen und dreimal die Oberfadenspule. Ich habe sämtliche alte weißen Fäden verarbeitet. Nun muss ich bis Dienstag warten, damit ich mir neues weißes Garn kaufen kann, um die Schlaufen dranzunähen und den zweiten Vorhang zunähen. Auf dem Bild sieht man so schön West-Germany-Garn. Oma’s Garnsammlung lässt grüßen.
Nach einer kleinen Aufwärmphase incl. Fadenspannung- und Nadelstellungänderung kam ich recht schnell mit meiner neuen alten Nähmaschine zurecht. Vermissen tue ich den Einfädler und den Fadenabschneider, aber nach so einem intensiven Nähnachmittag, war der Griff zur Fadenschere dann doch recht normal. Und da ich keinen Kapperfuß für meine Janome hatte, war es die Gelegenheit mal diese alte Eisendame auszuprobieren. Schließlich habe ich dieses Jahr schon einiges an Geld beim Nähmaschinendoktor zur Entharzung ect. für diese Maschine gezahlt und mir Mühe beim Abschleifen gemacht. Läuft super diese Pfaff.
Nun zurück zum Pojagi-Leinen-Vorhang:
Ohne Sonne von hinten erkennt man die Rolltuchelemente sehr gut.
Mit Sonne sieht man so schön die Transparenz des rauen Leinenstoffes.
Das ungefärbte Leinen passt hervorragend zu den Sandsteinoptikfliesen (die Wände sind übrigens noch nicht gestrichen).
Von außen ist es auch ansehnlich (schaut da nur gerade recht schief aus – ohne Schleifen noch)
Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat werden die Links mit den neuen Werken gesammelt – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.
Einen Überblick über die bisherigen Stoffspielereien findet Ihr bei „Siebensachen zum Selbermachen“.
Das ist drin
Schnitt/Anleitung: Pojagi-Technik-Anleitung von Jutta vom Berninablog & Design von mir (relativ spontan)
Änderungen: war spontan/flexibel
Material: ungefärbten Leinenstoff, den ich auf der Nadeltreffmesse in Oberstdorf vor drei Wochen gekauft hatte, einen grünen Leinenstoff, den ich vor drei Jahren in Hamburg gekauft hatte und auf ein altes Rolltuch – ebenfalls Leinen, geerbt. Etliches weißes Nähgarn
Werkzeug: Rollschneider, Patchworklineal, Schneidematte, spitze Fadelschere, Nähmaschine, Kapperfuß
Kosten: für beide Vorhänge Stoff in Wert von etwa 30€
Arbeitszeit: 6-7 Stunden incl. Zuschneiden, Designfindung und Nähen
So, nun schaue ich noch bei all den anderen tollen Stoffspielereinäherinnen vorbei und freue mich, dass ich mich, dass ich mich heute tatsächlich noch aufraffen konnte, diese tolle koreanische Technik auszuprobieren.
Achja, das kann ich euch nicht vorenthalten: Kommentar von meinem Liebsten: „Schaut klasse aus. Schaut ein bisschen wie eine Mittelalterfahne aus“
Bin auch ein bisschen stolz, dass ich es momentan aushalte nur vorhandenes zu vernähen. Spart Geld und Ressourcen und macht wieder Platz im Regal. Daher verlinke ich es auch noch bei EiNaB und bei der Upcycling-Linkparty und nachträglich bei alttrifftneu
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